Artur Reinhard:
Der Fall eines homosexuellen Studierenden in Tübingen in den 1950er Jahren

Vom Gerichts– zum Universitätsverfahren

Übersicht des Beitrags

Artur Reinhard zeigt anhand der Auswertung von Strafakten und Disziplinarakten, wie die Universität Tübingen in den 1950er Jahren gegen Männer begehrende Studenten vorging. Ein Student der Universität Tübingen wurde in den 1950er Jahren zweimal aufgrund von "Unzucht zwischen Männern" verhaftet. Bei den anschließenden Gerichtsverfahren musste er sich gegen tradierte Feindbilder über homosexuelle Männer wehren. Für alle beschuldigten Männer war es wichtig, nicht als "veranlagter Homosexueller" zu gelten, weshalb sie Gründe nannten, warum sie sich zu homosexuellen Handlungen hätten hinreißen lassen. Dabei kam es auch unter den Beschuldigten zu gegenseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen.

Nach der Urteilsverkündung folgte gegen den Studenten zusätzlich ein Disziplinarverfahren an der Universität Tübingen, die deshalb Zugriff auf die Strafakten erhielt. Dem Studenten wurde vorgeworfen, gegen die "akademische Sitte" verstoßen zu haben, weshalb er bestraft werden müsse. Als disziplinarische Maßnahme wurde er von der Universität verwiesen. Zum Verfahren vor dem Disziplinarausschuss kam es nicht, da der Student die Universität vorher verließ. Die Universität unternahm dabei keine Maßnahmen, die ihre damals zugebilligten Kompetenzen überschritten hätten.




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