Hans-Peter Weingand:
" ... daß dieses Laster mehr eine Religions Sache seye".

Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen und Strafrecht in Österreich 1781–1852

Übersicht des Beitrags

Das Allgemeine Gesetz über Verbrechen und derselben Bestrafung von 1787 machte aus dem potenziell mit Todesstrafe bedrohten Delikt "Unkeuschheit wider die Natur, oder sodomitische Sünd" ein von Verwaltungsbeamten zu ahndendes Delikt mit einem Monat Haftstrafe.

Durch erstmals ausgewertete Quellen kann die 1781 begonnene Diskussion zwischen den beteiligten Juristen, in die auch Kaiser Joseph II. (1741–1790) einbezogen war, nachgezeichnet werden. Vorschläge prominenter Juristen für die Entkriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen waren dabei nicht mehrheitsfähig. Die Haltung der Juristen reichte von der Belassung des Delikts im religiösen Kontext bis hin zur Übernahme von Argumenten der Aufklärung, die besagten, dass gleichgeschlechtliche Handlungen zu einer Schwächung der Gesundheit führten und damit indirekt auch einen negativen Einfluss auf den Staat hätten. Die dominierenden Vorstellungen einer penetrativen Sexualität als Notwendigkeit zur Vollendung des Delikts führten in den Entwürfen zur Einschränkung des Delikts auf Männer, während die konkreten gesetzlichen Umsetzungen 1787, 1796, 1803 und 1852 dann doch wieder an das prinzipielle Verbot gleichgeschlechtlicher Kontakte anknüpften. Ab 1803 war das Delikt erneut ein Kriminalverbrechen, das mit potenziell einem Jahr Kerkerstrafe sanktioniert wurde. 1852 wurde das Strafmaß auf fünf Jahre erhöht, das bis zur Abschaffung 1971 gültig blieb.




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