Invertito – Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten

Liebe Leserinnen und Leser,

im vorliegenden, mit etwas Verspätung erscheinenden 12. Jahrgang unseres Jahrbuchs Invertito behandeln wir wie in jedem Band, wieder Themen aus unterschiedlichen Bereichen der Geschichte der Homosexualitäten.

Michael Schön nimmt das 25-jährige Bestehen des Schwulen Museums Berlin zum Anlass, Überlegungen zur "Erinnerung" und zum "Gedächtnis" im lesbisch-schwulen Kontext anzustellen, während Andreas Brunner über das in Wien geplante Mahnmal zur Erinnerung an die schwulen und lesbischen NS-Opfer berichtet. Das vorläufige Scheitern dieses Projektes zeigt, dass die Anstrengungen zur Dokumentierung und Aufarbeitung der eigenen Geschichte nicht nachlassen dürfen.

Raimund Wolfert stellt ein schlesisches Freundschaftsglas mit einer David-und-Jonathan-Gravur aus dem 18. Jahrhundert vor, das sich im Schwulen Museum Berlin befindet. Ein homosexueller Kontext kann vermutet, aber nicht belegt werden. Ein Zusammenhang mit einer sich seit dem 19. Jahrhundert verbreitenden Tradition der positiven Selbstverwirklichung und Verteidigung gleichgeschlechtlicher Zuneigung und Liebe ist aber wahrscheinlich.

Eine lange als vermisst geltende Akte nimmt Christian-Alexander Wäldner zum Anlass, das Leben einer zentralen Figur der homosexuellen Subkultur und der Homosexuellenverfolgung in Hannover vom Ende der 1920er bis zur Mitte der 1930er Jahre nachzuzeichnen. Hermann L., im Konzentrationslager umgekommen, war gleichzeitig für die Denunziation und Verhaftung zahlreicher homosexueller Männer im Raum Hannover verantwortlich.

Vera Kruber und Klaus Berndl stellen zusammen, was sich an statistischem Material zur Homosexuellenverfolgung in der DDR bisher auffinden ließ. Der Artikel ergänzt die Übersicht Rainer Hoffschildts zur Homosexuellenverfolgung in Deutschland für die Jahre 1895 bis 1994 (siehe Invertito, Band 4). Das nächste Invertito wird eine entsprechende Übersicht für Österreich liefern, so dass damit der deutschsprachige Raum in Bezug auf die statistische Erfassung der strafrechtlichen Verfolgung von gleichgeschlechtlicher Sexualität mit Ausnahme der Schweiz weitgehend beschrieben ist.

Norbert Finzsch untersucht in seinem Beitrag die Bedeutung des französischen Philosophen Gilles Deleuze und des französischen Psychoanalytikers Felix Guattari für die Queer Theory und versucht ausgehend von deren Ansätzen Anstöße zu einer Theoriedebatte zu geben. Hinzu kommen, wie in jedem Jahrbuch, Berichte und Rezensionen.

Die verspätete Auslieferung des 12. Bandes von Invertito hängt in erster Linie damit zusammen, dass viele AutorInnen ihre Beiträge verspätet eingereicht haben, weil sie beruflich stark beansprucht sind. Die Redaktion von Invertito ist ebenfalls mit Menschen besetzt, die diese Tätigkeit nebenberuflich erledigen. Die Arbeitsbelastung wird sich noch vergrößern, weil Dr. Jürgen Müller, Köln, aufgrund der Anforderungen seiner hauptberuflichen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln die Redaktion verlassen hat. Die Redaktion bedankt sich an dieser Stelle ganz herzlich für 10 Jahre Mitarbeit und in den letzten Jahren koordinierende Tätigkeit im Kreis der RedakteurInnen. Eine, besser zwei Stellen in der Redaktion von Invertito wären damit neu zu besetzen. Wir würden uns über Interessenten und Interessentinnen für diese Stellen freuen (unverbindliche Anfragen an die Redaktion).

Eine anregende Lektüre wünscht

Die Redaktion




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