Helmut Puff
Vom Lob der Sodomie.
Eine Invektive aus dem Zeitalter der Glaubenskriege

Übersicht des Beitrags

Der Verfasser untersucht eine der bekanntesten Invektiven des Ancien Régime, die Verunglimpfung des italienischen Erzbischofs Giovanni della Casa als Autor eines poetischen Lobs der Männerliebe. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war diese Anschuldigung fester Bestandteil polemischer Auseinandersetzungen im Streit der Konfessionen, zumindest unter Gebildeten -und das, obwohl das fragliche Gedicht sich einer solchermaßen vereindeutigenden Lektüre verweigert. Die Invektive, zuerst von einem reformorientierten Kontroversschriftsteller 1549 lanciert, bezog ihre Überzeugungskraft aus bestehenden Fremdbildern, welche die Sodomie im Sinn der Männerliebe geographisch in Italien und konfessionell unter Katholiken lokalisierten. Der Verfasser spricht sich dafür aus, polemisches Schreiben als Form des Denkens ernst zu nehmen. Insbesondere deutet er diese Invektive und ihren europäischen Erfolg auf dem Hintergrund einer Geschichte literarischer Autorschaft im Zeitalter der Konfessionalisierung: Im Gefolge der Reformen des 16. Jahrhunderts wurde das Werk eines Schriftstellers zunehmend als Ausweis für dessen moralische Integrität verstanden - und della Casas schlüpfriges Gedicht "Der Backofen" entsprach diesem Standard keinesfalls.




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